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Subtilitäts-Pingpong

Dienstag, Oktober 30th, 2012

Mitternacht, Kurt-Krömer-Late-Night-Show-Zeit. Kurtchens hinter einer Berliner Schnodderschnauze versteckte Subtilität empfinde ich schon allein als Kracher, aber heute Nacht zeigte sich: Es geht immer noch schlimmer. Und das lag an dem von mir sehr verehrten Serdar Somuncu.

„Political correctness“ hieß das Thema der Sendung, und gleich zu Beginn zählte Krömer ein paar No-Gos von seiner Liste auf: „Sagen wa jetzt mal, da ist was nicht ganz koscher, dann sagen wir nicht ,Det is‘ jetürkt‘, sondern ,Det is‘ gesüdosteuropäischt‘.“ Kurz darauf: „,Negerküsse‘ geht zum Beispiel gar nicht, das ist nicht pc, Negerküsse ist auf der schwarzen Liste wirklich ganz oben.“

Waren das nur Kalauer? Nein, denn ganz beiläufig zeigte Krömer, dass unsere Sprache voller Anspielungen auf andere Religionen (koscher), Hautfarben (schwarz, Neger) und Nationalitäten (Türken) steckt. Was politisch korrekte Sprache für Wortungetüme schafft, demonstrierte er an seiner korrekten Bezeichnung für Negerküsse, den „oralen Zuneigungsbeweisen dunkel pigmentierter Minderheiten“. Ganz und gar nicht political correct beschimpfte Krömer seine Mitarbeiter und rechtfertigte sich hinterher damit, dass er das ruhig machen könne – die verstünden eh kein Deutsch und seien billiger. Um dann grinsend zu verkünden: „Political correct heute, sehr verehrte Damen und Herren, hat alles mit dem Imagewechsel zu tun.“ Und fügte treuherzig hinzu: „Bin anders jeworden!“ Was viele nur als Trash betrachten, ist in Wahrheit ein Spiegel – Krömer versteckt hinter der Neuköllner Fassade einen Spiegel, im dem wir die hässliche, bigotte Seite, den puren Zynismus unserer Gesellschaft sehen.

Ähnliches beabsichtigt der Künstler Serdar Somuncu – nur noch viel krasser. Als er sich – noch Comedian-like – bei Krömer als „außen deutsch, innen türkisch“ vorstellt, lachen viele. Aber als er nach mit einem seitwärts ausgestreckten rechten Arm konkretisiert: „in der Frau auch innen türkisch“ und mit markanter, parolengeübter Stimme „In der deutschen Frau besonders!“ nachlegt, bleibt es erstaunlich still. Somuncu ist so zynisch, dass das Publikum oft nicht weiß, ob es lachen darf, soll oder gar muss. Denn Somuncu kann verstörend „deutsch“ wirken – vielleicht auch, weil er sich auf der Bühne intensiv mit Hitlers „Mein Kampf“ auseinandergesetzt hat, rund 1500 Mal aus diesem Pamphlet vorlas, um es zu entzaubern. Vor Interessierten, Schülern, Kritikern und ihm ausgesprochen feindlich gesinnten Nazis, teils unter Polizeischutz und mit kugelsicherer Weste.

Aber zurück zu Krömer: Es erstaunt, wie leicht es ihm und seinem Gast gelingt, zwischen schuljungenhaftem Geblödel und ernsthaften Themen hin und her zu springen. Eben noch ziehen sich beide die Hosen aus und albern im mit Blümchendecke bezogenen Bett herum, und keine 5 Minuten später sinniert Somuncu über sein Programm, in dem er flächendeckend beleidige und ihn dem ihm auffalle, dass diejenigen, die aktuell betroffen sind, am meisten zetern. Aber auch am lautesten mitlachen, wenn über andere Minderheiten gelacht werde. Oder dass es nicht Krömers und sein Auftrag sei, stumpf zu unterhalten, sondern die Zeit mit irgendwas zu füllen. Nein, Somuncu ist kein Blödelbarde.

Zusammen bildeten beide ein Dreamteam, das intelligente Unterhaltung zustande brachte. Schade, dass die immer nur nachts stattfindet, während es in der Prim Time sachte dahinplätschert…

Wer sich ein eigenes Bild machen möchte, findet die Folge hier: Krömers Late Night Show

Lie

Dienstag, August 21st, 2012

wir müssen uns beschweren – es reicht nicht einmal mehr für eine respektvolle Anrede, denn du behandelst uns auch respektlos.

Seit Mittwoch, den 15.8.2012, 17:00 Uhr ist unser DSL nicht mehr existent. Resetten von Modem und Router bringt nichts. Insgesamt haben wir seitdem 2 ½ Stunden in der Warteschleife verbracht, um die Störung zu melden, eine Information zu bekommen, was los ist und zu erfahren, wann die Störung behoben sein wird.

Letztere beide Punkte konnten wir bis heute nicht in Erfahrung bringen. Dafür haben wir ungefähr 50 Mal gehört, dass dir unser Anruf wichtig ist, sich gleich jemand um uns kümmern wird und wir dich doch auch übers Internet erreichen könnten. Merkst du eigentlich, wie zynisch das ist? Hallo Alice – wir haben kein Internet mehr!

Irgendwann haben wir auf der Bestellhotline angerufen, um überhaupt mit einem Menschen zu sprechen. Aber deine Mitarbeiter können ja prinzipiell keine kompetenten Auskünfte geben und sagen immer „Ich kann nichts tun“. Alice, wenn wir zu unseren Kunden „Ich kann nichts tun“ sagen würden, wären wir arbeitslos. „Geht nicht“ gibt‘s nur bei dir. Deshalb hat deine Mitarbeiterin leider sehr viel angestauten Ärger abbekommen. Einmal hatten wir endlich eine Beraterin dran, die sagte: „Ja, wir haben gerade eine Störung, wenn Sie genau wissen wollen was, stelle ich Sie zum Service durch.“ Und zack, hingen wir wieder in der Warteschleife – so schnell, dass wir gar nicht „Nein“ sagen konnten. Was soll das? Überhaupt, deine Mitarbeiter:

Sie sind dreist: In einem anderen Störungsfall klinkte sich deine Mitarbeiterin bei einer berechtigten Beschwerde einfach aus und zu früh wieder ein, so dass wir ihr Lachen aus vollem Halse hören konnten. Die Beschwerde gab es aber nur, weil wir definitiv wussten, dass die Störung nicht bei uns vorlag und sie uns trotzdem den 08/15-Fragenkatalog aufnötigte. Ein anderer Mitarbeiter trug einen Vertragsabschluss ein, obwohl wir nur Informationsmaterial geschickt bekommen wollten.
Sie reden immer im Konjunktiv, können also nie eine konkrete Aussage treffen(„Wenn das so wäre, dass Sie den Vertrag dann und dann abgeschlossen haben, dann sollte er am 21.9. enden“).
Sie sind inkompetent: Als wir kürzlich nur die Mobile Option kündigten, trug deine Mitarbeiterin den gesamten Vertrag ein – und das kam nur durch Zufall heraus.
Sie können nicht einmal eine Kündigungsbestätigung schicken.

Alice, du behandelst uns wie eine Melkkuh – als Kunde müssen wir ohnmächtig verharren, bis du dich gnadenvoll herablässt, mit uns zu reden. Du schickst nicht mal eine SMS, um uns über die Störung zu informieren. Warum wir so aufgebracht sind? Weil wir als auch öfter vom Homeoffice aus arbeiten und es immer ein Drama mit dir wird. Überall sonst auf der Welt ist der KUNDE König – außer bei dir. Wir haben keinen Bock mehr auf dich. Dabei warst du mal eine der besten. Aber dir ist O2 wohl zu Kopfe gestiegen, dass du vergisst, wer diejenigen mit dem Geld sind.

 

„Alice gehört jetzt zu O2“

Dienstag, August 21st, 2012

So verkündet es O2 seit der Übernahme des ehemaligen Super-Anbieters Alice. Der hatte einst eine kostenlose Kundenhotline und zeichnete sich durch bestens geschulte, freundliche Callcenter-Mitarbeiter aus. Ganze Verträge waren mit einem Monat Kündigungsfrist kündbar, und günstig waren die Konditionen auch noch – mit meinem Mann konnte ich sogar kostenlos telefonieren.

Was mein Mann und ich aber die letzten 1-2 Jahre mit Alice erleben durften, hat nichts mehr mit Spaß zu tun. Wenn ich allein an die Diskussionen mit Callcenter-Mitarbeiterinnen denke, die regelmäßig den 08/15-Fragenkatalog („Haben Sie den Stecker reingesteckt? Haben Sie ein Alice-Modem?“ etc.) abchecken, selbst wenn man ihnen sagt, dass der Mann im Hause vom Fach ist und sehr wohl prüfen kann, ob unsere Infrastrutkur buggy ist oder nicht. Gna gna gna! Aber das nur nebenbei…

Zuletzt also bestellte mein Mann seine SIM-Karte ab. Er erhielt sogar per Post eine Kündigungsbestätigung – mit einem versteckten Hinweis, dass Gespräche von Alice zu Alice ab 25.10.2012 0,15 € kosten. Soso. Noch ein Grund mehr, meine Alice-SIM abzubestellen. Aber eine Kündigungsbestätigung? „Geht nicht“, sagt die Callcenter-Dame, „die werden erst automatisch verschickt, wenn die Kündigung wirksam ist.“ Häh? So etwas habe ich ja auch noch nicht gehört… Ich könne aber eine E-Mail schreiben. Na, dann. Wieso muss ich als Kunde eigentlich alles machen?

Nun gut, ich bin etwas paranoid, und nachdem ich in der Alice-Lounge (für die ich übrigens auf der O2-Seite einen Extra-Alice-Login anklicken muss, der mich erst auf ein AOL-Portal führt und von da zur Alice-Lounge *wunder*) nicht durchblicke, was nun gekündigt ist, rufe ich lieber noch einmal an. Der nette Herr sagt: „Hier ist ja alles gekündigt! Auch der Hauptanschluss. Wollten Sie das?“ Nö, eigentlich nicht.

So, jetzt aber ’ne Kündigungsbestätigung für die SIM, mein Mann hat ja auch eine erwirken können. „Nein, das geht leider erst automatisch raus, wenn die Kündigung durch ist. Vorher können wir händisch nichts eingeben“, sagt der nette Herr. „Aber“, erkläre ich, „ich habe hier ein Schreiben.“ Ich lese den Text vor. Er antwortet: „Ja, DAS ist eine KündigungsEINGANGSbestätigung.“ Jetzt bin ich völlig verwirrt. Genau das meint man doch mit Kündigungsbestätigung, oder? Dass man bestätigt bekommt, zu wann eine Kündigung wirksam wird… Meine Frage hinsichtlich der entfallenden Kostenlos-Telefonie beantwortete der nette Herr mit einem: „Ja, das ist eine Promotion – die ist kein Vertragsbestandteil. Deshalb kann so etwas einfach geändert werden.“ Hmmm, ich erinnere mich, dass das damals ein Kaufargument war. Aber wo bekommt man bei Kommunikationsanbietern noch eine Vertragskopie? Halte ich persönlich für unseriös. Genau so wie die Tatsache, dass die Kauf-Gebühr fürs Handy, die ich 2 Jahre lang in Raten abstottere, als „Miete“ deklariert wird – und bei Nichtkündigung angeblich einfach weiterläuft… Aber wer weiß das schon genau? Schließlich wissen ja oft nicht einmal die Callcenter-Mitarbeiter, was genau Phase ist. Nur so erkläre ich mir, dass die immer im Konjunktiv sprechen: „Wenn Ihr Vertrag bis 21.9. laufen würde, dann wäre das jetzt Ihre letzte Rate.“ Ja, kann man denn nicht in den Vorgang reingucken und eine verbindliche Aussage treffen?

Angst und bange ist mir nur, wie es beim nächsten Anbieter sein wird, denn wie der nette Herr unter der Hand schon sagte: „Glauben Sie, woanders ist es besser?“

Lebensrettende Paranoia

Dienstag, August 7th, 2012

Hitze! Trinken! Wasser muss her! Also rein ins Kaiser‘s und eine Flasche Wasser gekauft. An meinem Arbeitsplatz wieder angekommen will ich mir das kühle Nass zu Gemüte führen. Aber halt, irgendetwas stimmt da nicht. Nachdenklich drehe ich die Plastikflasche in der Hand. Schraube den rosafarbenen Deckel auf und zu – und da fällt es mir auf: Der Verschluss hat nicht das charakteristische „Kkrrt“ gemacht, das es sonst macht, wenn die Sollbruchstellen zwischen Deckel und dem kleinen Plastikring reißen.

Ja, ich bin ein wenig paranoid. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass Lebensmittl vergiftet wären. Brrr. Deshalb ging ich zurück in den Laden und tauschte – Kaiser‘s kennt eben manchmal noch das Wort „Service“ – die Flasche um. Kaum habe ich die Flasche in der Hand, fällt mir eines auch schon auf: Die Füllmenge ist viel höher als die der anderen Flasche.

Im Endeffekt heißt das wohl, dass sich da jemand im Supermarkt an einer Flasche Wasser gütlich getan hat. Selbstverständlich ohne zu bezahlen. Und grenzwertig debil genug, um die kontaminierte Flasche einfach zurückzustellen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, welche Keime ich abbekommen hätte, wenn ich dem „Ach neee, das ist peinlich“-Anfall nachgegeben hätte…

Kleine Lichtenradener-Kunde

Mittwoch, Juli 4th, 2012

Lichtenrade, kurz und liebevoll „Lira“ genannt, liegt so weit südlich in Berlin, dass einige vor meinem Umzug unkten, da könne ich ja gleich nach Brandenburg ziehen. Ja, tatsächlich, Lichtenrade hat wenig gemeinsam mit der hektischen Großstadt, und auch die Lichtenrader an sich bilden eine eigene Gattung. Eine kleine Kunde am lebenden Objekt.

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Mein Leben ohne Facebook

Mittwoch, Juni 20th, 2012

Wie kommt‘s, dass man freiwillig das größte, gehypte soziale Netzwerk verlässt? Schließlich ist Facebook in aller Munde. Ob Firma oder TV-Format: Alle suchen Fans im Buch der Gesichter. Lässt sich ein Leben ohne „Gefällt mir“-Button und Lustige-Bilder-Lieferdienst überhaupt noch als lebenswert bezeichnen?

Über eine Woche lebe ich nun schon im Exil. Wenn ich meinen geliebten Dienstagskommentar mit Lorenz Maroldt versäumt habe, muss ich auf radioeins selbst danach suchen – vorausgesetzt, ich denke daran. Ticket-Gewinnspiel für die Deutschen Gründer- und Unternehmertage? Werde ich wohl dieses Jahr verpassen, genau wie etliche witzige Begebenheiten, die meine Freunde posten. Ganz zu schweigen von den süßen Bildern meiner Großnichte, die ich sehr selten sehe, weil sie mit ihren Eltern so weit nördlich in Berlin lebt wie ich südlich. Ja, ich habe Facebook für ziemlich alles genutzt. Nur „Likes“ für Produkte verteilte ich nicht. Warum auch? Ich wollte ja so weit wie möglich unter dem Radar der blau-weißen Marketing-Auswertung hindurchfliegen.

Dann kam der Tag, an dem ich einen Auftrag zum Thema Data-Mining erhielt. Während ich meine Worte zu einem sinnvollen Text anordnete, ging mir auf, dass mein leicht paranoider Informatikerfreund vielleicht Recht mit seiner vehementen Facebook-Verweigerung haben könnte. Denn der Begriff „Data-Mining“ umschreibt – analog zum „gold mining“, also „Goldgewinnung“ – die Suche nach dem „Gold“ im Datenbestand: Wir Menschen hinterlassen überall digitale Spuren, die sich durch raffinierte Verknüpfungen gewinnbringend auswerten lassen. Facebook erwirtschaftet einen Großteil seines Umsatzes durch Werbeanzeigen – indem Werbekunden für bestimmte Schlüsselwörter zahlen, etwa „persönliche Informationen wie Beziehungsstatus, Wohnort, Freizeitaktivitäten, Lieblingsbücher oder Arbeitgeber“, wie die Süddeutsche schreibt. Plötzlich fiel mir auf: Je länger ich bei Facebook Mitglied war, desto treffsicherer waren auch die Werbeanzeigen geworden. Anfangs zeigte die rechte Spalte Shopping-Tipps ohne Relevanz für mich. Zuletzt erhielt ich Werbung zum von mir verehrten britischen Schuhwerk von DocMartens sowie von einem Online-Shop für Wäsche jenseits der 75B, obwohl ich solche Unternehmen weder ge-“liked“ noch erwähnt hatte. So gläsern ist man also durch Stammdaten, Job, Abonnements, Statusmeldungen und Kommentare.

Nur: So gläsern wollte ich nie sein. Das Spielerische des Netzwerks hatte mich verführt. „Meld dich ab!“, sagte mein Freund. Aber das war leichter gesagt als getan, denn Facebook bevorzugt die vorübergehende „Deaktivierung“ des Kontos – und versteckt daher den Link zum Löschen desselben. Kein Wunder, dass die Lösung des Problems sich außerhalb des Facebook-Kosmos‘ finden lässt (z. B. hier). Vollständig löschen wird Facebook meine Daten wohl nicht. Aber wenigstens stelle ich kein weiteres Futter zur Verfügung, das Begehrlichkeiten bei Schufa & Co. wecken könnte.

Was habe ich also in der ersten Woche gemacht? Vor allem mehr Zeit gewonnen, um konzentrierter zu arbeiten. Ich nahm mir die Zeit, eine liebe Freundin zu besuchen und mit ihren Kindern zu spielen. Abends verdaddele ich keine Freizeit mehr mit dem Schreiben von Kommentaren und wundere mich, warum der Tag schon vorbei ist, sondern lese einen historischen Roman. Unternehmensrelevante Infos beziehe ich wieder da, wo das Business meines Erachtens hingehört: auf eine Businessplattform. Vor allem fühle ich mich nicht mehr wie ein Zwangshandelnder, der im Bus oder während des Familiengrillens gucken muss, was es bei „FB“ Neues gibt. Nur in Sachen Lustige-Bilder-Lieferdienst bin ich auf meine Freundin angewiesen. Die versorgt mich ab und zu mit Bildern, über die man bei Facebook spricht….

 

 

„Pflichtveranstaltung für den Verteidigungsausschuss“

Dienstag, Juni 21st, 2011

Ich kann noch so sehr in meinem morgendlichen Tran sein, die Filmkritiken von Knut Elstermann auf Radioeins genieße ich regelmäßig, weil er die Filme entweder sehr spannend beschreibt oder herzerfrischend zerreißt. Aber ob die Filme tatsächlich so sind, wie er sagt, habe ich nun das erste Mal getestet.

Nein, ich bin keine Cineastin, die sofort nach der Premiere ins Kino hechtet. Aber als ich gestern zum vereinbarten Termin vor dem Friseursalon stand und feststellen musste, dass sich meine Ex-Friseurin schon ins Wochenende verabschiedet hat, da beschloss ich, meinen Freund spontan ins Kino einzuladen.

Da Knuts Worte noch relativ frisch in meinen Ohren säuselten, fiel die Wahl auch nicht schwer: „X-Men: Erste Entscheidung“. Für Nichteingeweihte mal zwei Auszüge aus Knuts Bewertung: „Liebe zum Detail“ und „Auseinandersetzung darüber, wie verhältnismäßig Mittel eingesetzt werden“. „Eine Pflichtveranstaltung für den Verteidigungsausschuss“, schloss Knut lachend und vergab „richtig schöne runde 3“ von 5 Filmrollen.

Das versöhnte mich mit dem lästigen Trend, dass jeder noch so tolle Film eine Fortsetzungsgeschichte oder ein Prequel erhalten muss. Denn was bei Star Wars I-III noch höchst spannend war, fand ich bei Matrix eher verwirrend und hört für mich bei allen Animationsfilmen mit 08/15-Handlung wie Kung Fu Panda etc. auf. Natürlich kann jeder bei „X-Men“ das Happy End voraussehen, aber zwischen Anfang und Ende passieren so viele spannende Dinge, dass ich mich mehrmals ertappte, wie ich mit offenem Mund dasaß.

Zum einen macht das die Handlung, die bei diesem Blockbuster wirklich tiefgründiger daherkommt als bei vielen anderen Hollywood-Kollegen. Das Einnehmende an der „X-Men“-Serie ist, dass eben nicht mit Klischees von Gut und Böse herumgeworfen wird, sondern die Macher sich wirklich auf einzelne Charaktere konzentrieren. Naja, wenn man vom Quoten-Schwarzen absieht, der nach etwa 20 Minuten Handlung wieder sterben muss…

Zum anderen liegt das auch an den Spezialeffekten, die (im Vergleich zum vorab gezeigten Trailer für Spielbergs „Transformers) angenehm unaufdringlich sind und deshalb umso mehr ihre Wirkung entfalten. Wer das U-Boot fliegen sieht, wird wissen, was ich meine.

Ja, und dann ist da noch der dezente Humor an den richtigen Stellen. Etwa als Charles Xavier und Erik Lehnsherr sich auf der Suche nach anderen Mutanten machen. In einer Bar treffen sie auf einen mürrischen Brummbär, der sie prompt mit einem abweisenden Spruch wegschickt – ganz klar Wolverine! Übrigens wieder typisch: Die Männer im Kino feixten, die Frauen seufzten kollektiv auf. Ich natürlich auch… Zur Enttäuschung der Damen blieb das die einzige Szene mit Hugh Jackman an diesem Abend, wenn man vom Trailer für „Real Steel“ absieht.

Knut hatte auch Recht, was den Verteidigungsausschuss angeht. Denn das Militär spielt eine zentrale Rolle in diesem Film, ebenso wie ein gewisses historisches „Großevent“. Aber hier sei nicht zu viel verraten! Im Großen und Ganzen ein gelungener Abend mit einem herrlich klischeearmen Blockbuster und tollen Bildern, an die ich mich ähnlich begeistert erinnere wie bei „Avatar“. Knut hatte also Recht. Danke, Knut!

 

Zwei sind einer zu wenig: Tom Tykwers „Drei“

Montag, Mai 2nd, 2011

„Wollen wir mal zu dir?“
„Das geht nicht.“
„Wieso?“
„Ich wohn‘ nicht allein.“

Wenn ein Mann diesen Dialog mit zwei Personen hintereinander führt, könnte das auf ein fatales Beuteschema hinweisen – oder auf eine Liebesgeschichte der etwas anderen Art. Schon lange nicht mehr hat mich ein Film so berührt wie „Drei“, den ich neulich im „Erotischen Salon“ von Silke Maschinger und Enno Peters im Movimento sah.

Die Handlung in Kürze: Mann und Frau sind seit 20 Jahren zusammen, dann kommen die Diagnose Hodenkrebs, ein Todesfall und ein fremder Mann: Adam. Hanna (Sophie Rois) lernt ihn auf einem Kongress kennen, Simon (Sebastian Schipper) trifft ihn im Badeschiff und… nun ja, hier geht es für deutsche Kinoverhältnisse ungewöhnlich weiter…

Beide verlieben sich in ihn – kein Wunder: Denn das Lächeln von Adam-Darsteller Devid Striesow lässt die Konventionen nur so dahin schmelzen, weil es bezaubernd sanft, spitzbübisch und geheimnisvoll zugleich ist.

Als Simon sich fragt, ob er denn jetzt schwul sei, antwortet Adam: „Du musst dich nur von deinem deterministischen Biologieverständnis frei machen“. C’est ça. Aber wie erklärt man es dem anderen, dass man das Biologieverständnis für sich neu definiert? Simon und Hanna entscheiden sich dafür, es vor dem anderen geheim zu halten. Bis es herauskommt…

Im Kinosessel schwankte ich emotional zwischen Entsetzen über den Egoismus der beiden, dann wieder Verständnis und Bewunderung. Ich hielt mir verschämt die Hand vor die Augen und lachte unheimlich herzhaft. Keine 08/15-Komödie, sondern mal wieder eine richtige Geschichte. Eine, die durch eine faszinierende Bildsprache und ungewohnt knappe Dialoge besticht. Wie sehr mich der Film beeindruckt hat, merkte ich heute Nacht, als ich noch einmal davon träumte. Mein Fazit: unheimlich inspirierend, lustig und nachdenklich machend, ohne in den Pathos eines Gender-Seminars an der Uni zu verfallen.
 

Herr Rach, können Sie mal kommen?

Dienstag, April 19th, 2011

Es ist so eine Sache mit spontanen Ausflügen – in unserem Fall: Potsdam, Park Sanssouci. Wenn man am Samstag um 10 Uhr aufsteht und noch die „Scrubs“-Wiederholung sehen muss, kommt man auch erst um 12 Uhr los. Ohne Frühstück, versteht sich. Eine Reise zu den abenteuerlichen Kochkünsten einer Potsdamer Lokalität.

Nach einem kleinen Stau, in den wir 5 Minuten nach der Auffahrt auf die Autobahn gerieten, erreichten wir nach etwa einer Stunde Potsdam. Hatte ich schon gesagt, dass das ein spontaner Ausflug war, also ohne Karte und ohne Ahnung, welche Ausfahrt man in Potsdam nehmen muss? Wir entschieden uns für Potsdam-Drewitz und ließen uns von meinem Handy-Navi lotsen. Das geht aber nur so lange gut, wie man seinen leeren Magen nicht merkt. „Vielleicht können wir erstmal halten und was essen?“, fragt Sven. Ja, wenn man wüsste, in welche Richtung die Fußgängerzone ist – und wie die Straße heißt. Schiffbauergasse hatte ich zumindest mal gehört – also in die Richtung, bis es Läden gab. Aber da gab’s keine Parkplätze. Dafür einen Haufen lustiger Verkehrsführungen, die genauso spontan und planlos waren wie wir.

Gottlob wies uns unser „B“-Kennzeichen als hinreichend ortsfremd aus, so dass der eine oder andere abrupte Spurwechsel folgenlos blieb. Überhaupt sind Potsdamer Autofahrer sehr nett – denn im Gegensatz zu Berliner Autofahrern kennen die wenigstens die Bremsen und verzichten auf die gehupte „Volltrottel“-Botschaft.

Nach einer halben Stunde Stadtrundfahrt hatten wir endlich einen – natürlich kostenpflichtigen – Parkplatz. Essen? Mittlerweile war es halb zwei, na, und vom Park wollten wir auch noch was sehen… Da kam das Schnellrestaurant doch gerade recht, zumal Thai-Hühnchen angeboten wurde.

Vielleicht war ich durch die Verkehrsführung mental überlastet, denn nach der Bestellung bei der etwas zu gleichgültigen Bedienung dämmerte mir erst, dass die Chicken Nuggets auf der Speisekarte und das Thai-Hühnchen einen gewöhnungsbedürftigen Kontrast bilden… Et voilà: Es kam ein Thai-Hühnchen à la Potsdam, Am Kanal: Ein geformter Reishaufen am Tellerrand, Gemüse-Kunst aus Kopfsalat und grüner Gurke, eine hellbraune Sauce mit den roten Stückchen, die den Bestandteil „Sweet Chili Sauce“ aus dem Asia-Supermarkt verrieten, und: ein Stück Broiler-Putenbrust!!! Geschmacklich ein tatsächlich gewöhnungsbedürftiger Kontrast.

Vielleicht der USP dieser Lokalität? Während Sven seine (wirklich leckeren!) Pommes (mit Mayo statt des bestellten Ketchups) kaute und ich im Broiler piekte, stellten wir uns vor, wie Christian Rach den Laden auseinandernimmt. Sicher hätte mein Kochsendungsheld aus den Besitzern herausgequetscht, ob sie es schau finden, wenn der Tee bereits mit schwimmendem Beutel und vor allem mit dem leeren (!) Verpackungsbriefchen unterm Glas serviert wird? Mir fehlte zu dieser Frage schlicht die Chuzpe. Sicher hätte er auch nicht so viel gegessen wie ich. Aber so ist das, wenn der Magen knurrt, Am Kanal in Potsdam.

P.S.: Sanssouci war wunderschön, besonders bei dem schönen, frühlingshaften Wetter.

Neukölln unlimited

Mittwoch, Januar 12th, 2011

Ziellos stromerten Sven und ich am Sonntag Abend
durch die Videothek unserer Wahl. Etwas Lustiges oder mit opulenten
Bildern sollte es werden. Tatsächlich nahmen wir die Dokumentation
„Neukölln unlimited“ mit.

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