Sa. 23 Juni, 2012
Neues Macbook Pro II …
published by Christian Comments (0) Filed under: Apple, Impressionen, Meinungen und BeobachtungenSchlagwörter: Apple Meinung Prognosen
Tja. Man sollte meinen, mit den Spekulationen seien nur Spekulationen betroffen und die Realität würde es schon entkräften.
Doch weit gefehlt. Die Wirklichkeit ist sogar noch schlimmer.
Jetzt gibt es also zwei Macbook Pro, selber Name, sogar im selben Formfaktor (15 Zoll). Doch die Geräte sind gleichzeitig so unterschiedlich, wie sie nur sein können – andererseits aber nicht unterschiedlich genug.
Fassen wir kurz zusammen:
Macbook Pro mit Retina-Display:
- Formfaktor 15,4″
- 2,02kg, nur knapp 2cm hoch
- „Retina-Display“: Auflösung von 2880×1800 Punkten, hochglänzend, aber Spiegel-reduziert
- intel Ivy-Bridge Core-i7 mit 2,3, 2,6 oder 2,7GHz
- nicht aufrüstbarer RAM: 8GB RAM Standard, beim Spitzenmodell mit 2,6/2,7GHz sind gegen Aufpreis auch 16GB onboard erhältlich
- nvidia Geforce 650M mit 1GB
- SSD in 500 oder 768GB (proprietärer Anschluß)
- 2x Thunderbolt, 1x HDMI, 1x SDXC, 2x USB3.0, 1x kombinierter Audio-In/Out
- FaceTime HD Kamera
- MagSafe2 Ladeanschluss
- Bluetooth 4.0
- 802.11a/b/g/n WiFi
Macbook Pro:
- Formfaktor 15,4″
- 2,5kg, knapp 2,4cm hoch
- normales oder Hi-Res-Display, Auflösung von 1440×900 oder 1680×1050 Punkten, wahlweise auch matt
- intel Ivy-Bridge Core-i7 mit 2,3, 2,6 oder 2,7GHz
- aufrüstbarer RAM: 8GB RAM Standard
- nvidia Geforce 650M mit 1GB
- Festplatte 750GB 5400UpM Standard, gegen Aufpreis 7200UpM oder SSD in 256 oder 500GB
- 1x Thunderbolt, 1x SDXC, 2x USB3.0, 1x Firewire 800, 1x Gigabit-LAN, 1x Audio-In/1x Audio-Out
- Kensington-Lock
- FaceTime HD Kamera
- MagSafe Ladeanschluss
- Bluetooth 4.0
- 802.11a/b/g/n WiFi
Was Apple dabei reitet, keine Ahnung. Sie haben bereits eine Linie ultraflacher, ultraleichter und ultramobiler Notebooks (Macbook Air) im Angebot. Die sind vielleicht nicht ganz so leistungsfähig, wenn man davon heutzutage überhaupt sprechen kann – seit 2001 drehen wohl alle produzierten CPUs in 99% aller Fälle zu 99% die Däumchen. Gleichzeitig ist das Macbook Pro im bisherigen Design bereits industrieweit eines der flachsten und leichtesten Geräte mit diesen Leistungsdaten. Das neue Macbook Pro mit Retina-Display drängelt sich also dazwischen. Einerseits ist es natürlich imposant, diese Komponenten in diesem flachen Paket und diesem Display erhalten zu können, aber dem „least repairable laptop yet“ (ifixit.com) fehlt nur noch, dass das Gehäuse komplett vergossen wird, um selbst theoretisch mögliche Aufrüstsets für die SSD zu verhindern. Will Apple sich hier selbst Konkurrenz machen, insofern, als dass das Air nicht mehr verkauft werden soll? Oder, dass das bisherige Macbook Pro nicht mehr verkauft werden soll, weil es das Display aus völlig unverständlichen Gründen nicht auch für dieses gibt? Nun gut, das Macbook Pro mit Retina-Display ist von den Angaben her genauso leistungsfähig wie das bisherige Macbook Pro, und wahrscheinlich ist es nicht einmal teurer (Vollausbau 3849 Euro vs. 3549 Euro, allerdings bei SSD-Größen 768GB vs. 500GB). Doch womit erkauft man sich das? Die Leistungsdichte schreit geradezu nach CPU-Throttling und überproportional vielen thermisch-induzierten Defekten – die kaum zeitnah repariert werden können (die Batterie ist sogar eingeklebt). Defekt des Arbeitsspeichers? Es ist alles aufgelötet, bei fast jedem Defekt muss das Logic Board ausgetauscht werden (excl. Display und SSD). Zwar werden vermutlich Selbstaustauscher nicht mehr zu Defekten beitragen können – doch fällt das bisher ins Gewicht? (Meine Erfahrung: Jeglicher Anschein von Selbstaustausch wird ohnehin kategorisch und pauschal – obwohl lt. BGH unzulässig – abgebürstet.) Was ist mit dem Display? Eine einerseits gigantische, potentiell fantastische Auflösung, die aber betriebssystemseitig auf reine DPI-Erhöhung reduziert wird und zudem nicht blendfrei ist (ich habe mir das Display angesehen; es spiegelt nicht so stark wie die Hochglanzgläser der anderen MBP, aber es ist für Außendienst gänzlich ungeeignet und selbst im Innenhauseinsatz vermutlich kopfschmerz-verursachend). Die nutzbare Fläche entspricht trotz der höheren Auflösung immer noch „nur“ 1440×900 Punkten, man hat also kein real estate gewonnen, nur an „vermeintlicher“ Schärfe, doch auch das ist fraglich, da alle Applikationen diesen Modus auch unterstützen müssen (andernfalls werden Icons hochskaliert, was genauso aussieht wie hochskalierte iPhone-Anwendungen auf dem iPad). Was ist mit dem Wegfall bisher wichtiger Interfaces (Gigabit-Ethernet und Firewire 800)? Zwar stehen zwei Thunderbolt-Ports zur Verfügung, doch das Angebot dort ist immer noch mau und extrem überteuert, dazu kommt, dass viele Geräte den Port nicht durchschleifen und damit die Kette terminieren – was den Vorteil von Thunderbolt ad absurdum führt. Firewire 800 ist sowieso ein Interface, das über Jahre gepuscht wurde, zwar einerseits auch nicht unbedingt preiswert ist, wegen seiner Vorteile und Leistung aber wenigstens Sinn machte. Die meisten Mac-User werden wohl eine Infrastruktur an Firewire-Devices haben, die wegzuwerfen wirtschaftlich unsinnig wäre. Überhaupt, die vielen Adapter: Man könnte sich ja einen Thunderbolt-to-Firewire800-Adapter kaufen (ist aber noch nicht verfügbar). Oder einen Thunderbolt-to-Gigabit-Adapter. Der ist nicht einmal teuer – doch wie lange kenne ich schon Mac-User: Damals an der Uni, bei irgendwelchen Tagungen, wenn die mal wieder ihren Mini-DVI-to-VGA-Adapter für die Beamer vergessen hatten für ihre Powerbooks, dann war Schluß mit der Präsentation. Ich mag auch keine 2kg an Adapter mitschleppen, wenn dafür das Laptop selbst gerade mal 500g leichter ist.
Profi ist nicht gleich Profi. Ich glaube schon, dass Apple das Macbook Pro mit Retina-Display oft verkaufen wird, wobei ich bis heute immer noch nicht verstanden habe, warum jemand den Kensington-Lock nicht mehr haben wollen würde… Aber Leuten, die auf das Gerät angewiesen sind, bietet es nur marginale Vorteile, dafür aber viele Nachteile, die vor allem den Support – und wahrscheinlich auch die Zuverlässigkeit betreffen werden. Ein Fotograf z.B., der bei einer Veranstaltung gleich einen Bilderreview und Versand durchführen mag, für den mag 500g Gewicht eingespart immens sein. Für mich, der außer Gigabit auch Firewire800 und auch noch einen Serial-to-USB-Adapter braucht, ist mit diesen Adaptern kein Gewicht gespart, sondern nur die Umständlichkeit erhöht. Dazu kommt, dass ich mir ein Macbook Pro in Vollausstattung deutlich preiswerter hinstellen kann, wenn ich Festplatte und RAM selbst tausche (ca. 250 Euro). Außerdem bin ich auf das Gerät angewiesen; einerseits auf die tägliche Zuverlässigkeit, zum anderen im worst case auf eine zeitnahe Reparatur. Ich werde daher noch mal überlegen, ob vielleicht das 15″ MBP ohne Retina-Display im bisherigen Design in Frage kommt. Last, but not least, geht mir der Umweltfaktor nicht aus dem Kopf: Wenn alles so limitiert ist und man den Fehler macht, nicht das high end-Gerät zu kaufen (und unter Umständen sogar dort), dann erreicht das Gerät vielleicht nicht das Ende seiner normalen Benutzungszeit von 3-4 Jahren, weil der Arbeitsspeicher zu knapp ist oder was weiß ich. Da Aufrüstung nicht möglich ist, bleibt nur Wegwerfen (bzw. Verkauf bei extremem Wertverlust).
Anmerkung: Weitere Griffe ins Klo an dem Tag:
- Den Mac Pro als „new“ zu bewerben, obwohl nur eine neuere CPU verfügbar ist und ansonsten nichts an der Technik modernisiert wurde (Apple muss die Pro-User für blöd halten, sonst hätten sie nicht in der Werbung das „neue“ Spitzenmodell mit dem bisherigen Mittel-Modell verglichen (wobei übrigens das „neue“ Modell mit Faktor 1,0x gewinnt (!)).
- Das Macbook Pro 17″ still und leise abzukündigen.
Apple ist halt eine Lifestyle-Schmiede geworden – und die Pro-User sind völlig egal. Eine völlig konsequente Abfolge (Final Cut Pro X, Mac Pro, Softwarepflege allgemein, Java, XRaid, XServe, OS X Server, …) kann eigentlich nicht anders interpretiert werden.
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